Der Schlag kam vollkommen unvorbereitet!
Am Samstag Morgen erwartete mich eine am Freitag Abend versendete E-Mail mit dem nüchternen aber alarmierenden Betreff:
Die Schließung Ihres PayPal-Kontos wird eingeleitet
Eingeleitet war dabei noch eine Verharmlosung, denn vom Vorabend an bis heute, über einen Monat später, können wir mit dem PayPal Konto weder Zahlungen annehmen noch jemanden bezahlen und das Kontoguthaben ist selbstverständlich eingefroren.
Der weitere E-Mailtext war mit Allgemeinplätzen und Verlinkungen auf FAQs zugepflastert aber enthielt keinerlei Hinweise darauf welchen Verbrechens wir uns schuldig gemacht haben, das eine Sperrung des Paypal Kontos ohne Vorwarnung rechtfertigte.
Aber Plattform-Monopolisten müssen sich nicht rechtfertigen, vor wem auch?
Der letzte Satz der E-Mail zeigt, dass auch ein gesichtsloser Zahlungsdienstleister zu bitterem Sarkasmus neigt:
Danke, dass Sie PayPal nutzen. Wir bitten für eventuelle Unannehmlichkeiten um Entschuldigung.
Da Paypal eine unserer meist genutzten Zahlungsmöglichkeiten ist versuchen wir bis heute auf allen Wegen zu klären warum unsere seit vier Jahren problemlose Zusammenarbeit so plötzlich und harsch beendet wurde.
Paypal mag keine Vaporizer
Nach vielen Stunden in Warteschleifen und Gesprächen mit dem bemühten aber meist unwissenden Paypal Support, die vor allem meine wertvollen Mitarbeiterinnen opferten, stellte sich heraus, dass anscheinend unser anrüchiges Gewerbe, der Vertrieb von Phytoinhalationsgeräten, auch Vaporizer genannt, zu der plötzlichen unangekündigten Sperre führte.
Diese Branche bedürfe einer speziellen Genehmigung und das ist - obwohl ich niemals einen Hehl daraus machte - vermutlich nach vier Jahren einem Algorithmus aufgefallen.
Wie befohlen haben wir uns sofort schriftlich mit zuckersüßen Worten entschuldigt und um die Genehmigung unserer Tätigkeit sowie Reaktivierung des Kontos gebeten.
Diese Mail wurde wieder mit einem Standardtext beantwortet, indem darauf hingewiesen wird, dass wir das Logo entfernen sollen und Paypal das recht hat, unser Geld 180 Tage einzubehalten.
Warum wir gegen die in der Mail verlinkten Nutzungsbedingungen verstoßen aber unser Mitbewerber weiterhin Paypal nutzen dürfen, wird nicht erklärt!
Update 2021
Offensichtlich hat Paypal nun auch den meisten Mitbewerbern, die mit dem unmoralisch Produkt Vaporizer handeln die Zusammenarbeit gekündigt, zumindest wenn Sie es sich nicht um Großkonzerne wie Amazon handelt.
Positiv daran ist dass zwischen den Kleinen nun wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Dass ein Produkt, mit dem auf gesunde Weise die Wirkstoffe der Natur verwendet werden können, verboten wird und ohnehin steuerlich und regulatorisch besser gestellte Konzerne von dieser Regel nicht betroffen sind steht exemplarisch für eine negative Entwicklung unsere Werte.
Ist diese Plattform-Willkür eine Ausnahme?
Diese kurze Geschichte findet man in unzähligen Varianten von anderen Opfern der Willkürherrschaft einer Plattform wie Amazon, Ebay und Co.
Wir sind also eines von vielen kleinen Unternehmen, das wegen seiner Bedeutungslosigkeit für die riesige monopolistische Plattform, nicht wie ein Kunde oder Partner sondern bestenfalls wie ein Bittsteller behandelt wird.
Und aus betriebswirtschaftlicher oder Shareholder Sicht ist das Verhalten dieser Großen Plattform kurzfristig nicht mal verkehrt.
Warum sollen diese internationalen Unternehmen Geld für Personal ausgeben, das sich um kleine Betriebe, die ein paar läppische tausend Euro im Jahr bringen, kümmert und sie wie echte Geschäftspartner behandeln.
Die Unzufriedenheit von Endkunden hat da schon höhere Priorität, da hier eher mit schlechter Presse und Verbraucherschützern zu rechnen ist.
Und PayPal, Amazon und Co. sind ja auch nicht mehr weg zu denken aus unserem Alltag, machen Sie doch alles so bequem einfach und sicher.
Auch für mich als Unternehmer wird durch gut entwickelte Plattformen vieles leichter oder erst möglich, das sich sonst niemals rechnen würde, wie zum Beispiel unser Kundensupport System oder unsere Shopsoftware.
Die Schattenseiten der Plattformen
Dennoch denke ich, dass längerfristig diese unbeschränkte Macht der Plattformen zu unser aller Nachteil gereichen wird.
Könnte es nicht sein, dass nachdem ihre Herrschaft immer unantastbarer wird auch die Zufriedenheit des Privatkunden irgendwann nicht mehr so wichtig ist, zumindest wenn sie zuviel kostet?
Werden nicht plötzlich nur noch angepasste systemtreue Menschen die Chance auf ein eigenes Gewerbe haben, da alle unliebsamen Ideen und Produkte von den Plattformen und dem freien Handel ausgeschlossen werden?
Wie uns Monopolisten in die Falle locken
Zukünftige Monopolisten können zunächst durch unbegrenzte Geldmittel, die von einem durch die Notenpresse mit Liquidität gefluteten Finanzsystem zur Verfügung gestellt wird, alle kleineren Mitbewerber mit unschlagbaren Angeboten und erfreulicher Kulanz aus dem Feld schlagen.
Geld muss in dieser Zeit keines verdient werden, ein Luxus den ein kleiner Betrieb, der keinen Zugang zu den Finanzmärkten hat, niemals haben wird.
Ist das Monopol mal gesichert, können Service und Preise angepasst werden. Es gibt ja keine ernst zunehmenden Mitbewerber mehr. Gewerbliche Partner der großen Plattformen spüren diese Tendenz schon lange.
Gibt es Möglichkeiten die unbeschränkte Macht der Plattformen zu brechen?
Es wird sicher nicht leicht werden Plattformen in die Schranken zu weisen. Durch die Skalierbarkeit und dem damit einhergehenden Kostenvorteil digitaler Plattformen ist die The-Winner-Takes-It-All Ökonomie fast eine zwangsläufige Entwicklung unserer Zeit.
Es gibt aber dennoch Silberstreifen am Horizont.
Kann der Staat Plattform-Monopole beherrschen?
In Deutschland neigen wir dazu den Staat um Hilfe zu rufen.
Doch es widerstrebt mir der Institution, die mich mit hohen Steuern und einem unerfüllbaren Wust von überflüssigen Regeln und Verordnungen traktiert zuzutrauen, dass sie die Situation verbessert.
Im Gegenteil die Ablehnung, die unserer Branche in diesem und auch in anderen Fällen immer wieder begegnet, wurde ja vom Staat den Plattformen eingeimpft.
Seit es Staaten gibt neigen diese zu Korruption und Lobbywirtschaft. Auch die Geld- und Fiskalpolitik, die große Unternehmen mit reichlich zinslosen Krediten versorgt, im Falle einer Misswirtschaft rettet und so gut wie keine Steuern von Großkonzernen verlangt, unterstützt die Bildung von Monopolen und benachteiligt seit langem kleine und mittlere Unternehmen.
Einzig den Wettbewerbshütern, die versuchen Marktverzehrungen und Monopolbildung zu bekämpfen, könnten hier von Staatseite etwas reißen. Vermutlich wird aber das Kartell aus Lobbyisten und konzernnahen Politikern den gutmeinenden Wettbewerbswächtern der Kartellbehörde keine wirklich durchschlagenden Maßnahmen ermöglichen.
Bricht der bewusste Verbraucher die Macht der Plattformen?
Eine Hoffnung ruht natürlich auf den klugen Kunden. Und diese Hoffnung hat sich schon bestätigt! Seit unserer Sperrung seitens Paypal ist der Umsatz nicht so eingebrochen wie ich befürchtet hatte.
Es waren also einige von euch bereit, eine umständliche Zahlung ohne Paypal auf sich zu nehmen und nicht kurzer Hand bei den mit Paypal gesegneten Mitbewerbern einzukaufen.
Es freut mich, dass es engagierte Verbraucher gibt, die bewusst die Monopolisten meiden und kleine und mittlere Unternehmen unterstützen.
Wenn die Monopolisten auch gegen Privatkunden ihr wahres Gesicht zeigen, könnte die Menge an strategisch einkaufenden Verbrauchern immer größer werden.
Getrübt wird meine Hoffnung dadurch, dass junge Menschen mit Plattform-Monopolisten aufgewachsen sind und deren Allmacht als selbstverständlich ansehen. So hat mir ein junger Mann erzählt, dass er noch nie woanders als bei Amazon eingekauft hat und die Internetnutzung seiner Generation fast ausschließlich aus der Verwendung diverser Apps der großen Plattformen, insbesondere im Social Media Bereich besteht.
Allerdings fördert und entwickelt besonders diese Generation auch eine sehr vielversprechende Technologie im Kampf gegen Willkür, auf die ich noch später eingehe: Dezentrale Plattformen.
Plattformen in Händen der Nutzer
Diese Idee ist mir schon am Anfang meines Leidenswegs mit Zahlungsdienstleistern gekommen.
Anders als Paypal hatten die Algorithmen von z. B. Amazon Pay und Shopify Payments uns doch sofort als unerwünschtes Gewerbe identifiziert und abgelehnt.
Angesichts dieser Diskriminierung stellte sich mir folgende Frage:
Warum gibt es nicht eine Zahlungsart von Händlern für Händler. Organisiert in einer Art Genossenschaft oder Verein werden die Beiträge genutzt um Personal, Server und weitere Kosten zu finanzieren.
Alle Kunden, die gerne bei kleinen Händlern einkaufen müssen sich einmal bei dieser nicht gewinnorientierten Plattform registrieren und können sich dann wie bei PayPal einloggen und mit den bei dieser Zahlungsgenossenschaft sicher hinterlegten Daten schnell und praktisch bezahlen ohne immer wieder Adress- und Zahlungsdaten eingeben zu müssen.
Die Zahlungskosten sind nur so hoch, dass die Kosten für den Betrieb der genossenschaftlich organisierten Zahlungsplattformen gedeckt werden, da keine Gewinne für Aktionäre erwirtschaftet werden müssen.
Die Regeln sind klar und transparent und diskriminieren niemanden. Wenn einer der geneigten Leser/innen solche Initiativen bereits kennt oder gründen will, bitte melden!
Willkürherrschaft brechen durch Dezentrale Plattformen
Der kooperative, demokratische Ansatz kann noch effizienter mit moderner Blockchain Technik umgesetzt werden.
Das in der Kryptobubble bekannte Stichwort dazu ist Decentralized Finance kurz Defi.
Dezentrale Plattformen haben den Charme transparent und mit klaren Regeln zu arbeiten. Vor allem aber gibt es keine zentralen Entscheider und damit keine Willkür.
Die Blockchain Technologie ermöglicht sozusagen mittels des dezentralen Ansatzes unabhängig von großen Konzernen und deren Macht dennoch die unbestreitbaren Vorteile digitaler Plattformen zu nutzen.
Ich bin mir sicher, dass wenn die Nachteile der gigantischen zentralen Plattformen immer deutlicher werden, diese Technologie sich durchsetzen wird, auch wenn sie jetzt noch in den Kinderschuhen steckt.
Im Grunde haben wir eine solche Lösung durch Annahme von Bitcoin als Zahlungsmittel schon integriert.
Es gibt niemanden der euch davon abhalten kann einen hochwertigen Vaporizer per Bitcoin oder einigen andern Kryptowährungen zu bezahlen oder mich davon diese bekannteste und älteste Krypto Währung anzunehmen.
Leider ist der Erwerb von Bitcoin sowie die Nutzung anderer Blockchain Projekte immer noch im Vergleich zu der etablierter zentraler Plattformen schwierig und gilt bei vielen Zeitgenossen als riskant und undurchsichtig.
Dieses Phänomen ist aber bei jeder neuen Technologie, wie bei der Eisenbahn oder dem Internet, zu beobachten.
Ich hoffe und glaube, dass auf mittlerer Sicht die Macht großer monopolistischer Plattformen durch einfach zugängliche dezentrale Systeme gebrochen und so ein großer Sieg der Freiheit gegen Bevormundung durch Machthaber errungen wird.
Mit Hoffnung in eine freiere Zukunft ohne Bevormundung
Kuzfristig hoffe ich, dass ich bald ein Update zu meiner kleinen Geschichte mit Paypal schreiben, und euch mitteilen kann, dass ihr auch diese praktische Zahlungsart wieder nutzen könnt.
Die Hoffnung, dass große Plattformen doch noch merken, dass auch unbedeutende Geschäftspartner für ihre Zukunft von Bedeutung sind, will ich noch nicht ganz begraben.
Ansonsten arbeiten wir daran, dass uns andere kleinere Plattformen trotz den moralisch fragwürdigen Verkauf von Geräten, mit welchen ihr die Wirkstoffe der Natur genießen könnt, eine Chance geben und wir weitere Zahlungsarten für euch anbieten können!
Vielen Dank an alle, die manche Unbequemlichkeit in Kauf nehmen um die Übermacht der drohenden Monopole zu untergraben!
Allen, die selbst Opfer der Willkür staatlicher oder privater Monopole sind wünsche ich viel Kraft und Durchhaltevermögen!
Euer Lee
3 Kommentare
Bitcoin als Zahlungsmittel? Bitcoin ist doch kein Zahlungsmittel. Man zahlt schließlich auch nicht mit Gold oder Aktien. Logisch, dass alle Bitcoin haben wollen. Aber letztendlich zahlen doch nur Dumme damit.
Toller Artikel, sehr informativ und die richtigen Dinge hinterfragend.
Da können wir uns ja alle schonmal auf die Bargeld-Abschaffung freuen, natürlich nur zu unserem Besten – ironie off!
Dann werde ich mich mal um Kryptowährungen bemühen und schlau machen, etwas, was ich schon lange bereue, dass ich mich nicht darum gekümmert hatte, als ich das erste Mal davon gehört hatte – dann wäre ich nämlich reich geworden.
Ich werde mich jedenfalls nicht davon abhalten lassen bei Lee zu kaufen, obwohl ich gestern erst ein Bankkonto mit Paypal verbunden habe, weil ich keine Kreditkarte mehr benutzen möchte.
Es gibt immer eine Lösung und der Vorschlag über ein Zahlungssystem von Händlern für Händler finde ich gut.
Als ebay neu war und ich erste negative Erfahrungen mit Paypal gemacht habe (Verzögerungen von Trades) habe ich mich um Löschung meines Kontos bemüht → keine Chance! Bei Dir ist es jetzt anders rum…
Je weniger man von solchen mächtigen und undurchsichtigen Monopolisten abhängig ist, desto besser.